Vereinshistorie - TSV Ober-Erlenbach 1898

TSV Ober-Erlenbach 1898

TSV Ober-Erlenbach 1898

Turn- und Sportverein e.V.

Vereinshistorie

von Joachim Ziegler

Die Gründung des Vereins

Sechsundzwanzig junge Männer gehörten am 28. August 1898 zum Gründungskuratorium des Turnvereins des damals noch selbständigen Dorfes Ober-Erlenbach, dazu kamen dreizehn Jungen, die in den ersten Listen unter der Bezeichnung „Zöglinge“ geführt wurden. Man wird annehmen können, daß die Gründer die wichtigsten Impulse für ihr Vorhaben aus Frankfurt mitgebracht haben, weil manche von ihnen dort unter der  Woche ihren Arbeitsplatz hatten. Einige blieben auch über Nacht in der Großstadt, aber alle waren am Wochenende in ihrem Dorf, wo natürlich vor allem die Unverheirateten unter ihnen ihre Freizeit sinnvoll gestalten wollten.

Die frühen Jahre und die ersten Erfolge

In den Jahren nach der Gründung begannen die Mitglieder, ihren Verein zu organisieren: Es wurden regelmäßige Turnstunden angesetzt, die anfangs am Samstagabend von 20.30 bis 21.30 Uhr und am frühen Sonntagnachmittag von 15.00 bis 16.00 Uhr stattfanden. Die Mitglieder mussten in Eigenleistung Turn- und Sportmöglichkeiten im Freien schaffen, damit sie nicht nur auf den Saal angewiesen waren, und das kostete viel Kraft und Zeit. Diese Übungsplätze befanden sich dort, wo heute rechts und links der Wetterauer Straße die Turnhalle und die Sparkasse stehen. Auch im Hof der Gastwirtschaft Freimund wurden Verankerungen angebracht, die es möglich machten, bei gutem Wetter die Geräte nach draußen zu schaffen und im Freien zu turnen.

Vereinssitzungen, die sich hochtrabend Generalversammlungen nannten, fanden regelmäßig statt. Im Jahre 1910 beschloss die Generalversammlung, beim Turnplatz eine Schutzhütte zu bauen; diese diente allerdings nicht nur dem Unterstellen bei schlechtem Wetter, sondern auch als Umkleidekabine für Mitglieder oder für auswärtige Gäste, die bei überregionalen Veranstaltungen mitturnten.

Die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg waren ruhig, eine Reihe von Veranstaltungen wurde durchgeführt und verschiedene Riegen nahmen an überregionalen Wettkämpfen erfolgreich teil.

Der erste Weltkrieg und seine Folgen

Am 1. August des Jahres  1914 erfolgte die deutsche Mobilmachung, und viele Ober-Erlenbacher Männer mussten umgehend zu den Waffen. Als am 1. Januar 1915 die Generalversammlung des Turnvereins stattfand, waren bereits dreißig Turner eingezogen, drei waren gefallen, einer war im Lazarett verstorben. 1916 standen bereits fünfzig Turner unter Waffen, gefallen ist in diesem und im folgenden Jahr jeweils nur einer.

Im Jahre 1917 musste das Turnen im Winter ganz ausfallen. Das lag einmal an der geringen Teilnehmerzahl, zum anderen aber auch daran, dass Kohlen knapp wurden und der Saal nicht mehr beheizt werden konnte. Im letzten Kriegsjahr fiel die Hauptversammlung ganz aus, das Turnen war zum Erliegen gekommen. Auf der Versammlung am 1. Januar 1919 herrschte verhaltene Freude, „… seine früheren alten Turnfreunde wieder zu sehen bis auf die in Gefangenschaft und die welche in den über 4 Kriegsjahren gefallen und vermißt sind.“ Die direkten Auswirkungen des Krieges und seine wirtschaftlichen und sozialen Folgen, die manche Mitglieder veranlassten, sich aus dem Vereinsleben zurückzuziehen, weil ihnen Geld oder Freizeit fehlte, macht ein Vergleich  der Mitgliederzahlen deutlich: Gab es 1914 noch 40 aktive, 25 passive Mitglieder und 16 Zöglinge, so schrumpfte die Zahl der aktiven Turner bis zum Jahre 1919 auf 32, während die passiven Mitglieder auf 27 anstiegen. Die Zahl der Zöglinge ist nicht bekannt. Die Zahlen sollten sich aber glücklicherweise bald ändern, nachdem wieder Ruhe und Frieden in Deutschland eingekehrt waren: 1920 gab es schon wieder 77 aktive, 40 passive Mitglieder und 23 Zöglinge.

Die Zwischenkriegszeit

Im Jahre 1920 verstarb der Gründungspräsident Theodor Loos, der – abgesehen von einer zweijährigen Pause – den Verein bis zu seinem Tode geführt hatte. Sein Nachfolger wurde Georg Falkenstein, „de Aale“, wie ihn später im Dorf jedermann nannte. Seine Amtszeit sollte noch viel länger dauern und mit einer kurzen Unterbrechung erst nach dem Zweiten Weltkrieg enden. Ein Jahr später ergänzte der Verein seinen Namen: Er war nun nicht mehr nur Turn-, sondern Turn- und Sportverein. Bereits seit 1919 spielten einige junge Männer des Vereins mehr oder weniger regelmäßig Fußball, eine Sportart, die vermutlich Pendler aus Frankfurt oder anderen umliegenden größeren Ortschaften mitgebracht hatten. Daher lag es nahe, auch eine Sportabteilung zu schaffen. Sie wurde nach kurzer Diskussion, ob ein Extrabeitrag für sie erhoben werden sollte, am 1. Januar 1921 fest in den Verein integriert. Die Fußball-Abteilung nahm bald mit einer Mannschaft an überregionalen Turnieren teil. Trainiert und gespielt wurde erst im Herbst und im Winter; denn der Verein besaß keinen eigenen Platz, sondern war auf die – abgemähten – Wiesen verschiedener Bauern angewiesen, auf denen dann behelfsmäßige Tore aufgestellt wurden, die aus am Erlenbach gefällten Bäumen konstruiert waren. Nach einigen Jahren kam der Fußballbetrieb jedoch – leider – zum Erliegen.

1921 war auch für die Turner ein erfolgreiches Jahr. War es ihnen doch gelungen, wieder einmal das Gaufest des Main-Taunus-Gaues nach Ober-Erlenbach zu holen, es vom 2. bis 4. Juli gekonnt auszurichten und selbst einen zweiten Platz am Pferd für die Mannschaft und mehrere Einzelsiege an verschiedenen Geräten einzufahren.

Im folgenden Jahr 1923 machte sich auch die Inflation in der Vereinskasse eindrucksvoll bemerkbar. Der Kassenbericht meldete Eingänge von 15836,55, Ausgaben von 11494,55 und einen Bestand von 4442 Mark. Die Inflation hatte auch Auswirkungen auf das im Jahre 1923 fällige silberne Vereinsjubiläum. Es wurde schließlich nur eine bescheidene Veranstaltung.

Eine eigene Halle

Allerdings ging noch im selben Jahr der TSV daran, sich einen schon länger gehegten Traum zu erfüllen: Eine eigene Turnhalle. Problematisch war allerdings, dass der Verein gerade noch 267,15 Mark in der Kasse hatte. Deshalb war man gezwungen, 7000 Mark der Gesamtkosten von 8000 Mark, die neben dem Kaufpreis einer Wormser Halle aus Kosten für Demontage, Fundamente und An- und Ausbauten resultierten, zuerst in Bad Vilbel und dann bei der „hiesigen Spar- und Leihkasse“ gegen Stellung von vier Bürgen zu finanzieren. Außerdem gab der Verein Anteilscheine aus, die von 5 Mark aufwärts von Mitgliedern und Einwohnern gezeichnet werden konnten, und brachte damit schließlich die restlichen 1000 Mark zusammen. Vereinsmitglieder stellten sich für die verschiedenen Hilfsarbeiten gerne zur Verfügung, konnte sich doch der Verein damit unabhängig von den örtlichen Gastwirten machen; denn selbstverständlich sollten in Zukunft auch die Festlichkeiten in den neuen Räumen stattfinden, denen ein kleiner Wirtschaftsteil angegliedert war. Die Arbeiten gingen zügig voran, und bereits am letzten  Augustwochenende des Jahres 1927 konnte die Halle unter Beteiligung anderer Vereine und der gesamten Bevölkerung feierlich eingeweiht werden.

Im Jahre 1930 hatte der TSV ca. 90 aktive und 40 passive Mitglieder sowie 17 Zöglinge. Dennoch wurde für den Verein auch die Weltwirtschaftskrise spürbar. Im Vergleich zum Vorjahr waren die Einnahmen von etwa 15000 Mark auf die Hälfte gesunken, im folgenden Jahr sollten sie noch einmal um 1000 Mark zurückgehen.

Anfang der dreißiger Jahre wuchs die Mitgliederzahl noch einmal: Die Zahl der aktiven Turner überschritt die Hunderter-Grenze. Auch konnte der Verein seine Aktivitäten ausweiten: Seit 1927 gab es schon einen Wanderwart, der regelmäßige gemeinsame Unternehmungen anbot, die immer mehr Zuspruch fanden. Weiterhin war eine Handballabteilung gegründet worden, die im Mai 1933 ihr erstes Turnier für Damen- und Herrenmannschaften in Ober-Erlenbach ausrichtete. Schließlich konnte am 8. 3. 34 auch wieder eine Fußballabteilung ins Leben gerufen werden.

Der TSV im Dritten Reich und im Zweiten Weltkrieg

Die politischen Veränderungen nach der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten am 30. Januar 1933 trafen den TSV noch im selben Jahr. Anfang Mai wurde er gleichgeschaltet und im Jahre 1934 Mitglied im neu entstandenen, vom Reichssportführer zentral geleiteten Deutschen Reichsbund für Leibesübungen (DRL), der 1938 in Nationalsozialistischer Reichsbund für Leibesübungen umbenannt wurde. Auch die Struktur des Vereins musste am 12. Mai geändert und an die neuen Statuten angepasst werden: „Unser bisheriger 1. Vorsitzender  Georg Wilh. Falkenstein wurde einstimmig zum Führer vorgeschlagen, welcher auch bestätigt wurde“. Die anderen Vorstandsmitglieder, die ab 1938 Vereinsführerstab hießen, wurden nicht mehr gewählt, sondern von dem in der Folgezeit durch den Reichsbund berufenen und durch Akklamation der Mitglieder bestätigten Führer ernannt. Für das im Jahre 1938 anstehende vierzigjährige Vereinsjubiläum wurde vom Reichsbund eine Änderung angeordnet: Im Zusammenhang mit der Feier musste eine zweite Fahne geweiht werden, „da laut Verfügung die alte Fahne ohne mitführen der neuen Reichsbundfahne nicht mehr getragen werden darf.“

Der TSV baute seit 1938 eine Damenabteilung auf, deren Gründung sich allerdings schon seit 1927 abgezeichnet hatte. Sie war aber, wie sich manche älteren Bürgerinnen erinnern, bis dahin nicht unwesentlich durch den Einfluss des streitbaren Pfarrers Kling verhindert worden, der die jungen Mädchen eher in der Marianischen Jungfrauensodalität als in spärlicher Bekleidung auf dem Turnplatz antreffen wollte. Die Einführung des  Mädchen- und Frauenturnens im TSV ist also nicht nur nationalsozialistischem Druck zu verdanken, sondern auch der 1927 erfolgten Emeritierung des erwähnten Geistlichen.

Am 1. September 1939 begann der Angriff auf Polen und damit der Zweite Weltkrieg, dessen Folgen sich schon bald auf das Vereinsgeschehen dramatisch auswirken sollten. Die Zahl der Aktiven ging vom ersten Tag an deutlich zurück, da die meisten jungen Männer umgehend eingezogen wurden. Der Spielbetrieb sollte bald ganz zum Erliegen kommen, da es unmöglich geworden war, noch eine komplette Mannschaft aufzustellen. Bei überregionalen Veranstaltungen wurde die Turnabteilung bald nur noch von Mädchen vertreten. Zu den Generalversammlungen gehörte wieder die schon während des Ersten Weltkrieges übliche Gefallenenehrung, Wahlen fanden nicht mehr statt. Die Vereinsführung sollte laut Beschluss von 1942 bis zum Kriegsende im Amt bleiben, da es zu den bisherigen Amtsinhabern kaum noch Alternativen gab. Die letzte Versammlung der noch verbliebenen Vereinsmitglieder fand am 4. März 1944 statt und zeigt die deprimierende Situation des Vereins. Spiele wurden keine mehr ausgetragen, obwohl Optimisten glaubten, womöglich bald wieder eine Mannschaft aufstellen zu können. Der Besuch der Turnstunden war „sehr mäßig“, der Kassenbericht wies Einnahmen aus Mitgliederbeiträgen von gerade noch 519,45 Mark auf. Auch das Turnen sollte zum Erliegen kommen, da die Turnhalle auf Anweisung der militärischen Führung seit Ende 1943 der Flugabwehr als Depot zur Verfügung gestellt werden musste. Die meisten Geräte konnten glücklicherweise noch ausgelagert werden. Das war das vorläufige Ende des Turn- und Sportvereins Ober-Erlenbach.

Die ersten Nachkriegsjahre

Das Dorf war zwar nicht besetzt, aber in der Steinmühle lag eine technische Einheit der Amerikaner, die sich in der Turnhalle ein Casino einrichtete. Es fanden dort regelmäßige Musik- und Tanzveranstaltungen statt, das vorhandene Mobiliar wurde teilweise zur Ausstattung der Halle mit Sitzgruppen und -nischen verwendet. Als es im Herbst des Jahres 1945 der Steinmühle gebrannt hatte, rückten die Truppen ab und gaben auch das Casino auf. In die Halle wurden umgehend Flüchtlinge einquartiert, die vor allem aus dem Sudetenland kamen und in Ober-Erlenbach angesiedelt werden sollten. Sie erhielten aber nach und nach eigene Wohnungen, in die sie allerdings Teile des Mobiliars der Turnhalle vorübergehend mitnehmen mussten, um nicht in leeren Räumen zu leben. Auch der Hallenfußboden hatte durch die verschiedenen Zweckentfremdungen so gelitten, dass er wenige Jahre später erneuert werden musste. Bis zur Währungsreform wurde die Schulspeisung in einem großen Kessel in der Wirtschaft der Halle gekocht. Trotz allem konnten die verbliebenen oder inzwischen heimgekehrten Mitglieder langsam daran denken, den Turn- und Sportbetrieb wieder aufzunehmen. Dazu gab es aber noch eine Reihe von Problemen zu beseitigen: Das 1933 befohlene Führerprinzip wurde selbstredend gestrichen, die Beschränkung auf Männer als Mitglieder wurde nun auch offiziell in der Satzung aufgehoben und der Verein für Frauen ab dem 18. Lebensjahr geöffnet. Diese Klausel wurde schon nach kurzer Zeit wieder zurückgenommen, so dass schließlich auch Mädchen aller Altersklassen mitturnen konnten.

Die verschiedenen Aktivitäten des TSV kamen schon 1947 wieder in Gang, obwohl die Zahl der Mitglieder insgesamt noch unter 100 lag. Es fanden regelmäßige Turnstunden statt, das Anturnen am zweiten Ostertag und das Abturnen nach der Kerb wurden wieder angesetzt, auch ein Vorturner konnte engagiert werden, der allerdings aus Frankfurt kam. Er musste, da er abends nicht mehr zurückfahren konnte, beim Gastwirt Otto Falkenstein übernachten. Wenige Jahre später machten einige Vereinsmitglieder das Vorturnerabzeichen, so dass der TSV in dieser Frage nicht mehr auf auswärtige Hilfe angewiesen war. Auch der Kleinsportplatz sowie die in der Nähe der Halle befindlichen Sprunggruben wurden wieder in Ordnung gebracht. Als Laufstrecke diente wie früher der Weg zur Früchteverwertung. Noch im selben Jahr nahmen Mannschaften am Kreisturnfest in Bad Homburg, am Schülerturnen in Kalbach und am Feldbergfest teil.

Am 26. September 1948 feierte der Verein – der Vorsitzende war nach Kriegsende Georg Cloos geworden – sein  fünfzigjähriges Bestehen. Am Samstag fand nach einem Fackelzug durch das Dorf ein Kommers statt, auf dem die noch lebenden Gründungsmitglieder Georg Wilhelm Falkenstein, Heinrich Kempf, Jakob Scheurich, Peter Kempf, Peter Anton Weber, Georg Weber und Heinrich Schnabel  mit einer besonderen Urkunde und einer Turnerplakette geehrt wurden.

Währungsreform  und Gründung der Bundesrepublik: Neue Chancen für den TSV

Die am 20. Juni 1948 in Westdeutschland durchgeführte Währungsreform machte sich auch in der Vereinskasse bemerkbar. Das Geld wurde wieder etwas wert, und die Einnahmen stiegen, so dass es im Jahre 1950 endlich wieder Sinn machte, der Generalversammlung einen Kassenbericht vorzulegen.

1950 musste ein neuer Vorsitzender gewählt werden, da sich Georg Cloos nicht mehr zur Verfügung stellen konnte. Der Neue war „de Aale“, nämlich Georg Wilhelm Falkenstein, der den Verein schon bis 1945 geführt hatte.

Im Jahre 1953 zog es die Vereinsmitglieder erstmals nach dem Kriege wieder über die regionalen Grenzen hinaus in die Ferne: Mit starker Beteiligung fuhr der TSV zum Deutschen Turnfest in Hamburg.

1954 nahmen etwa zwanzig Turnerinnen und Turner erfolgreich am Gauturnfest in Weiskirchen teil.

Im Jahre 1961 entstand auf Initiative von Rudi Bräuniger auch eine Hausfrauenabteilung. Diese Bezeichnung wurde lange Jahre für das Freizeitturnen der Ober-Erlenbacherinnen beibehalten, bis sie schließlich durch Montags-Gymnastik oder Montagsfrauen ersetzt wurde; denn nach und nach stießen ja auch berufstätige Frauen dazu, die sich mit dem ursprünglichen Titel nicht mehr so recht identifizieren konnten. Andere Mitglieder des Vereins begannen damit, in den Turnstunden auch  Prellball oder  Faustball zu spielen, Sportarten die andernorts mittlerweile fast ganz aus der Mode gekommen sind. Auch verschiedene gesellige Unternehmen, die eigentlich schon eine lange Tradition hatten, wurden wieder aufgenommen: So fand jährlich ein Ausflug statt, für den manchmal sogar zwei Busse angemietet werden mussten. Seit 1962 gab es auch wieder gemeinsame Wanderungen, die vor allem im nahen Taunus durchgeführt wurden. Während die Ausflüge später eingestellt wurden, als die meisten Mitglieder ein eigenes Auto hatten und das Interesse an dieser Unternehmung merklich zurückging, finden die Wanderungen bis in die Gegenwart hinein großen Zuspruch.

1959 gab es – zum ersten Mal nach dem Kriege – wieder ein Gauturnfest in Ober-Erlenbach. Es war vorbildlich organisiert und fand großen Anklang im Dorf. Über die eingefahrenen Siege konnte der Verein sich freuen!

Aus den anfänglich lockeren Spielen in den Turnstunden formierte sich 1962 eine Prellball-Abteilung, die mit ihren Zweier-Mannschaften bald sehr erfolgreich werden und in der höchsten Klasse, der Hessischen Landesliga, spielen sollte. Die Gründung ist vor allem dem Engagement von Ferdinand Pauly zu verdanken.

Die Erweiterung der Turnhalle

Im Jahre 1963 wurde der Plan eines Turnhallenanbaus ins Auge gefasst. Eine neue Toilettenanlage war erforderlich geworden, auch Waschräume und Duschen mussten entweder renoviert oder neu angelegt werden. Dazu sollte ein Geräteraum kommen, da die alten Aufbewahrungsmöglichkeiten nicht mehr ausreichten. Der erste Kostenvoranschlag belief sich auf 120.000 DM, der sich aber bis zum Jahre 1965, als man den Anbau dann endgültig in Angriff nehmen konnte, auf etwa 100.000 DM reduzieren ließ. Der finanzielle Beitrag des Vereins sollte sich auf 10.000 DM belaufen, 43.000 DM konnten über Eigenleistungen der Vereinsmitglieder erbracht werden, der Rest wurde über Hypotheken und Darlehen finanziert. Eine Spendenaktion im Dorf brachte etwa 2.000 DM zusammen.

Die Tennisabteilung wird gegründet

1967 stand – wieder einmal – eine Erweiterung der Vereinsaktivitäten zur Diskussion. Für eine Tennisanlage setzten sich vor allem die Neubürger unter den Vereinsmitgliedern ein und wiesen darauf hin, dass schon dann, wenn jeder Interessent 500 DM zeichnen würde, eine Anlage mit zwei Plätzen, die insgesamt nicht mehr als 54.000 DM kosten würde, angelegt werden könnte. Die außerordentliche Generalversammlung, die zu diesem Thema am 11. November abgehalten wurde, beschloss, die Satzung des TSV zu ändern und somit den Weg zur Gründung einer Tennisabteilung mit eigenen Statuten freizugeben. Die konstituierende Sitzung fand schon am 21. 11. 1967 statt, und Dirk Böttcher wurde zum 1. Vorsitzendem der neuen Abteilung gewählt. Verschiedene Hindernisse, die dem Bau der geplanten Tennisanlage noch im Wege standen, wurden bald ausgeräumt, so dass der Verein schon im Frühjahr des folgenden Jahres mit den Arbeiten beginnen konnte. Die Kosten konnten auf 37.892 DM reduziert werden, an denen sich der Verein mit 15.000 und die Gemeinde mit 5000 DM beteiligten; die restlichen 20.000 DM wurden durch einen Kredit finanziert. Dazu kam die Eigenleistung der Mitglieder der neu geschaffenen Tennisabteilung, die mit Feuereifer an die Arbeit gingen, so dass die Anlage schon zum siebzigjährigen Vereinsjubiläum am 28. September 1968 feierlich eingeweiht werden konnte.

Die Tennisabteilung wächst – trotz mancher Rückschläge

Im Jahr 1970 konnte auch die Tennisabteilung zwei weitere Sandplätze ihr eigen nennen. Nachdem schon 1969 ein Allwetter-Doppelplatz angelegt war, konnte nunmehr auf fünf Plätzen gespielt werden. 1972 war auch der Bau eines kleinen Clubhaus begonnen worden, das im folgenden Jahr zusammen mit der erweiterten Anlage eingeweiht werden konnte. Dass es 1985 bis auf die Grundmauern abbrannte, war ein schmerzlicher Rückschlag, obwohl schon ein Jahr später die Mitglieder mit großem persönlichem Einsatz ein neues Heim aufgebaut hatten. Einen erheblichen Schaden am Tennisheim haben Brandstifter noch einmal im Jahre 1994 angerichtet, als sie nach einem Einbruch einen Schwelbrand legten. Dank des tatkräftigen Einsatzes vieler Mitglieder mit ihrem Abteilungsleiter Horst Landau an der Spitze konnten aber auch dessen Folgen noch im selben Jahr beseitigt werden.

Erfolgreiche Jahre

Am 8. Dezember 1973 war wieder einmal Jubiläum: Der TSV bestand inzwischen 75 Jahre! Es wurde traditionell mit einem Kommers und einer Festrede begangen, für die Kinder gab es einen Fackelzug, der Abend klang mit einer Tanzveranstaltung aus. Der anschließende Sonntag war mit sportlichen Darbietungen gefüllt, die vor allem der Bevölkerung den Leistungsstand des Vereins, der inzwischen über 700 Mitglieder hatte, vor Augen führen sollte.

Ende der Sechziger und Anfang der Siebziger waren auf Grund einer starken Förderung von Talenten die großen Jahre der Turnabteilung. Dies war insbesondere ein Verdienst der engagierten Trainer Hans Riehl als Oberturnwart und Walter Wolpert, als Kunstturnwart des Turngaus Feldberg. Für die Aktiven ist hier – stellvertretend für alle –  Alfons Wolpert zu nennen, der heute Vorsitzender des TSV ist. Er war Mitglied des Jugend-Nationalkaders, bestritt mehrere Länderkämpfe für das Land Hessen und turnte lange Jahre in der Kunstturn-Bundesliga. Er wurde unter anderem 1974 Hessenmeister im Pferdsprung, am Barren und am Reck, 1975 hessischer Jugendmeister und Dritter bei den Norddeutschen Jugend-meisterschaften im 12-Kampf und 1977 Deutscher Hochschulmeister am Reck!

Für die Leichtathleten muss vor allem Ingrid Barthels angeführt werden; sie siegte 1969 und 1970 beim Feldbergfest, dazu  bei den Hessischen Turnmeisterschaften in Marburg und beim Gauturnfest in Burgholzhausen.

Der Bau der neuen Halle

In den folgenden Jahren zeichnete sich für den Verein ein Problem ab.

Entgegen den ersten Architektenplänen, die einen kompletten Neubau vorsahen, wurde nur die alte Halle abgerissen, während der aus dem Jahre 1963 stammende Wirtschaftsteil bleiben konnte.

Vom Turnen zum Breitensport

1982 wurde das Volleyballspielen im Verein offiziell, und die Gruppe fand bald einen regen Zuspruch. Schon zwei Jahre vorher war das Wandern, das wohl nach dem Krieg etwas in den Hintergrund geraten war, neu belebt worden. Am 25. März entstand durch das Engagement von Ludwig Euler wieder eine Wanderabteilung, die wie früher zur Turnabteilung gehören sollte. Schon im selben Jahr nahmen 140 Wanderfreunde an insgesamt neun Wanderungen teil. Die Zahl der Unternehmungen wuchs in der folgenden Zeit noch weiter, und die Wandergruppe verteidigte den bei der Sternwanderung zum Feldbergfest gewonnenen August-Ravenstein-Gedächtnispreis immer wieder erfolgreich. Da auch die Prellballspieler überaus effektiv spielten, wurde schon ein Jahr später die Frage erörtert, ob diese Gruppen aus der Turnabteilung ausgegliedert und als eigene Abteilungen geführt werden sollten. Zu einer Entscheidung kam man allerdings nicht.

Auf der Jahreshauptversammlung 1982 wurde zum ersten Mal eine Entwicklung im Verein klar ausgesprochen, die sich schon länger angedeutet hatte, dass nämlich der in den letzten Jahren erkennbare Trend weg vom klassischen Turnen und hin zur sportlichen Betätigung der Mitglieder sich deutlich verstärkt hatte. Der Geräteturnsport im TSV war fast zum Erliegen gekommen. Dagegen erfreuten sich die Ballsportarten und die leichten Bewegungssportarten  zunehmender Beliebtheit. Regen Zuspruch erfuhren auch die Tanzgruppen und Kindergruppen im Vorschulalter. In den Turnstunden für Mutter und Kind mussten sogar Auf-nahmebeschränkungen in Betracht gezogen werden. Die Wanderfreunde als besonders aktive Gruppe boten auch eine ganze Reihe von gut organisierten Wandervorhaben. Nimmt man noch die zahlenmäßige Entwicklung der Tennisabteilung dazu, dann wird klar, dass der TSV, der seinerzeit als klassischer Turnverein gegründet war, dem Trend vom Leistungssport zum Breitensport gefolgt ist. Der allgemeine Zug zur Kommerzialisierung im Leistungssport war unübersehbar und nicht mehr abzuwenden, aber dem konnte und sollte ein kleiner Verein nicht folgen, weil er dann sein anderes Ziel, die gesellschaftliche Integration und Kommunikation der Mehrheit seiner Mitglieder, sehr schnell aus den Augen verloren hätte. Deshalb beschloss der Vorstand, den oben beschriebenen Strukturwechsel zu vollziehen.

Die achtziger und neunziger Jahre

1983 bestand der Verein fünfundachtzig Jahre, und passend zu diesem Jubiläum konnte der Vorstand auf der Jahreshauptversammlung darauf verweisen, dass sich die Leistungsstärke verschiedener Abteilungen wieder gefestigt habe. Die Tennisabteilung hatte zu dieser Zeit insgesamt zehn Mannschaften, von denen die neu gebildete Damenmannschaft in die Bezirksklasse A aufgestiegen war. Alfons Wolpert hatte bei den Deutschen Hochschulmeisterschaften im Turnen mit der Mannschaft der Universität Frankfurt einen ausgezeichneten 2. Platz belegt, und beim Deutschen Turnfest in Frankfurt, dem sportlichen Großereignis des Jahres, war der TSV mit zwei Prellballmannschaften und fünf jugendlichen Turnerinnen und Turnern vertreten. Auch eine kleine Skiabteilung wurde in diesem Jahr geschaffen, die allerdings nur an Langläufen im Taunus teilnahm und ansonsten vor allem Gymnastik zur Vorbereitung des jährlichen Skiurlaubs der teilnehmenden Mitglieder betrieb. Das Frauenturnen hat sich inzwischen um eine Jazzgymnastik-Abteilung erweitert, seit 1980 gibt es auch eine Seniorengruppe.

Bereits im Jahre 1987 liefen die Vorbereitungen für das neunzigjährige Jubiläum des TSV im folgenden Jahr an. Die Feierlichkeiten begannen mit einem Festakt am Freitag, dem 1. Juli 1988, an dem sich auch andere Ober-Erlenbacher Vereine mit Darbietungen beteiligten. Ernst Masur, der langjährige Vorsitzende, erhielt an diesem Tag die Friedrich-Ludwig-Jahn-Medaille, Adolf Kempf und Josef Winkler wurden für ihre Verdienste mit der Ehrennadel des Deutschen Turnerbundes ausgezeichnet.

Auf der Jahreshauptversammlung 1990 – die Mitgliederzahl hatte inzwischen die Tausender-Grenze überschritten – musste ein neuer Vorsitzender gewählt werden, da Ernst Masur aus beruflichen Gründen nicht mehr zur Verfügung stand. Vorgeschlagen und einstimmig gewählt wurde der langjährige aktive und erfolgreichste Turner des Vereins, Alfons Wolpert, der seine Hoffnung zum Ausdruck brachte, als Vorsitzender ebenso effektiv für den Verein wirken zu können, wie er es als Leistungssportler getan habe.

Im Jahre 1991 zog es die Wanderer am Tag der Deutschen Einheit nach Thüringen. Über vierzig Teilnehmer wanderten unter Führung zweier ortskundiger Mitglieder des Rhön-Clubs Gersfeld durch die Thüringische Rhön und besichtigten dabei auch die Reste der ehemals deutsch-deutschen Grenze, ein Erlebnis, das im Gedächtnis der Teilnehmer noch lange nachwirkte.

Das nächste Jahr wurde durch den Vereinsball eröffnet, der seit vielen Jahren einen der gesellschaftlichen Höhepunkte im Stadtteil Ober-Erlenbach darstellt. Es war allen Eingeladenen klar, dass sich hinter dieser Bezeichnung der traditionelle Turnerball verbarg. Die Änderung des Namens hatte den Grund, dass der Ball alle Mitglieder und Freunde des Vereins ansprechen sollte, nicht nur die Turnabteilung.

Herausragende sportliche Leistung des Jahres 1996 war die hessische Meisterschaft der Prellballspieler Albrecht Amrein und Winfried Zimmermann, die auch dem Vorstand des TSV angehören. Bei den Schülern wurde die hessische Meisterschaft unter dem vereinseigenen Nachwuchs ausgemacht. Die Prellball-Abteilung erhielt für ihre vielen hervorragenden Erfolge nicht nur dieses Jahres einen Förderpreis der Stadt Bad Homburg. Die Turnabteilung gründete eine Aerobic-Gruppe, die große Resonanz fand. Die Montagsfrauen, geleitet von Elli Lomb und Hannelore Jäger, feierten in diesem Jahr ihr 35jähriges Bestehen.

Das Jubiläum

Das Jahr 1997 war vor allem den Vorbereitungen der Feier des 100jährigen Bestehens des TSV gewidmet. Erster Höhepunkt des Jubiläumsjahres 1998 war der Vereinsball im Januar mit einer ganzen Reihe von Vorführungen, die einen Querschnitt durch die hundertjährige Vereinsgeschichte boten. Die Feierlichkeiten wurden mit dem Festkommers am 8. Mai eröffnet. Die liebevolle dekorierte Turnhalle stellte den Rahmen für eine würdige Feier, die durch die Mitwirkung der Ober-Erlenbacher Vereine abgerundet wurde. Das eigentliche Festwochenende fand unter reger Beteiligung der Bevölkerung vom 12. bis 14. Juni statt. Höhepunkte waren das Showprogramm am Samstagabend mit den Turnweltmeistern Andreas Aguilar und  Ralph Büchner sowie Turnclown Alfred Lefebre. Eindrucksvoll war auch  der ökumenische Gottesdienst am Sonntagmorgen.

Der TSV Ober-Erlenbach kann mit berechtigtem Stolz auf eine abwechselungsreiche, mit vielen Höhen und wenigen Tiefen versehene und überaus erfolgreiche Geschichte zurückblicken. Was einmal von sechsundzwanzig Männern im Jahre 1898 unter ganz anderen Voraussetzungen begonnen wurde, ist heute aus dem sportlichen, aber auch aus dem gesellschaftlichen Leben unseres Stadtteils nicht mehr wegzudenken.

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